Ein Blind Date mit Belgrad
Einmal eine Reise buchen und nicht wissen wohin es geht – für viele unvorstellbar – für mich ein großer Reiz.
Da trifft es sich gut, dass Austrian Airlines (wie viele andere Airlines auch) so etwas wie einen Surprise Deal im Angebot haben. Noch besser trifft es sich, dass Madame, Monsieur und ich ein verlängertes Wochenende Zeit und viel Abenteuerlust mitgebracht haben. Also nichts wie los – Drei, Zwo, Risiko. Oder so ähnlich.
Das Datum ist gewählt, die Flüge bezahlt – die Spannung steigt ins Unermessliche: Wo werden wir wohl landen? Wir halten es fast nicht mehr aus. Die Seite lädt. Und tadaaa: Wir fliegen nach Belgrad!
Die Anreise.
Belgrad – Wo ist eigentlich Belgrad? Madame und Monsieur sind nicht gleich Feuer und Flamme, haben die beiden noch nie etwas davon gehört. Mich wiederum freut es sehr, denn ich war noch nie dort, geschweige denn überhaupt in Serbien. Somit kommt ein Land mehr auf meine Liste.
Wie auch immer: Gebucht ist gebucht. Ein Hotel haben wir auch gefunden. In Kürze geht es los in unser Blind Date.
In Belgrad angekommen finden wir uns direkt in einem kleinen Abenteuer wieder. Da wir so spät landen, bleibt uns keine andere Alternative als mit dem Taxi vom Flughafen in die Stadt zu fahren. Allerdings: Der Taxifahrer spricht kein Wort Englisch. Dazu kommt, dass unser Hotel (da es direkt an, oder besser gesagt auf der Donau liegt) nicht mit dem Auto zu erreichen ist. Und Internet ist hier – Roaming sei Dank – Fehlanzeige. Also versuchen wir mit Händen und Füßen zu kommunizieren. Was uns schlussendlich auch gelingt. Müde und voller Vorfreude auf den nächsten Tag fallen wir ins Bett.
Die Altstadt.
Ich habe ehrlicherweise kaum Erwartungen an die Stadt. Habe weder viel darüber gehört, noch gelesen. Also ab ins Abenteuer. Nach einem sehr Balkan-typischem Frühstück (es gibt Burek, Ajvar und jede Menge eingelegtes Gemüse) starten wir mit einem Fußmarsch in die Stadt hinein. Ohne Google Maps gar nicht so einfach, sich zurechtzufinden (Auf die Idee, Offline Karten zu benutzen, bin ich natürlich erst am nächsten Tag gekommen).
Schon nach wenigen Minuten merke ich: Der Weg in die Altstadt ist weiter als gedacht. Dazu brennt die Sonne so richtig herunter. Anfang Mai fühlt sich hier eher nach Hochsommer an. Trotzdem: Madame und Monsieur halten super durch. Kein Gemecker. Kein Gequengel. Die Neugier siegt.
Als wir endlich in der Altstadt ankommen (ich glaube zumindest, dass es die Altstadt ist), sind wir erst einmal verloren. Was wollen wir hier eigentlich anschauen? Wo müssen wir hin? Ich muss zugeben, ohne Karte bin ich schon ganz schön verloren. Dass es in der Stadt eine gute Beschilderung der diversen Sehenswürdigkeiten gibt, dafür bin ich zu wenig aufmerksam. Deshalb steuern wir erst einmal das Offensichtliche an: Die Festung, die uns schon von Weitem ins Auge gestochen ist.
Die Festung.
Die Festung – Oder auch: Eine ziemlich imposante Parkanlage mit vielen Sitzgelegenheiten, Grünflächen und jeder Menge Menschen. Die Burg in der Mitte geht da fast unter. Der Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt: Die Aussicht, die man hier hat, ist grandios. Belgrad zeigt sich von hier aus total in grün. Besonders dort, wo die Save in die Donau mündet (hier liegt übrigens auch unser Hotel). Dazwischen ragen immer wieder sozialistich-brutalistische Hochhäuser in den Himmel. Ein ungewöhnlicher Mix. Aber irgendwie hat das Charme.
Ohne ein konkretes Ziel zu haben, wandern wir innerhalb der Festungsmauern umher. Testen den Spielplatz hier, genießen die Aussicht dort. Bis wir plötzlich das entdecken: Eine Bar, die ich auf Ibiza, aber nicht in Belgrad, erwartet hätte. Schon gar nicht inmitten eines historischen Burggartens. Uns zieht es natürlich gleich dorthin. Mit schönen schattigen Plätzen, guten Drinks und Musik – mehr braucht es nicht, um uns zum Bleiben zu animieren.
Ferdinands Knedle.
Trotz schönem Ambiente – Irgendwann macht sich der Hunger breit. Da es in der Bar nichts zu essen gibt, beschließen wir schweren Herzens, den Garten hinter uns zu lassen und in der Altstadt nach etwas zu essen zu suchen. Etwas, was uns allen schmeckt. Man muss nämlich wissen: Ich und Monsieur, wir können da ganz schön wählerisch sein.
Schließlich landen wir bei Ferdinands Knedle. Ein kleiner Laden mit Knödeln in allen erdenklichen Variationen: Von süß bis pikant. Von leicht bis richtig schwer. Wir entscheiden uns alle drei für süß. Erdbeer-Joghurt, Kokos und Nougat. Die Knödel schmecken wirklich super gut. So gut, dass es nicht bei einem für jeden bleibt. Allerdings folgt kurz darauf die einzig logische Konsequenz: Wir sind danach im Süß-Koma. Und wenn sogar Monsieur einmal sagt, dass er heute keinen süßen Dinge mehr sehen kann, dann heißt das was.
Mit vollen Bäuchen und hohem Blutzuckerspiegel schlendern wir weiter. Sehen uns den Platz der Republik an und flanieren durch die Einkaufsstraße zurück in Richtung Hotel. Nicht ohne noch einen Stopp am Spielplatz einzulegen. Im Hotel angekommen sind wir zu nichts mehr fähig, außer die Füße hochzulagern und müde ins Träumeland zu versinken. Denn ich muss zugeben: Ich habe die Dimensionen der Stadt etwas unterschätzt.
Der Verkehr.
Dass man kostenlos mit dem Bus fahren kann, da kommen wir erst am nächsten Tag drauf. Seit 2025 nämlich ist der öffentliche Nahverkehr in Belgrad kostenlos für alle. Um den Verkehrsproblemen entgegenzuwirken. Gefällt mir richtig gut. Auch Madame und Monsieur sind erleichtert, heute nicht so viel zu Fuß gehen zu müssen. Glauben sie zumindest jetzt noch…
Wir wollen heute sowieso den Strand der Belgrader besuchen und die Orthodoxe Kirche. Zwei Ziele, die zu Fuß aufgrund der Entfernung unmöglich erreichbar sind. Heute bin ich außerdem schlauer: Ich habe mir die offline Map heruntergeladen und in weiser Voraussicht sogar die Bustrips gescreenshottet. So viel Planung im Voraus? Das kommt nicht oft vor. Wir hüpfen also voller Vorfreude in den Bus. Und hoffen, dass diese auch tatsächlich dorthin fährt, wo wir hinwollen. Man muss nämlich wissen, dass die Busse alle kyrillisch beschriftet sind. Was es uns unmöglich macht etwas zu lesen. Die Daumen sind gedrückt und nach ein paar Minuten Fahrt können wir tatsächlich bei der orthodoxen Kirche aussteigen.
Der Dom des heiligen Sava.
Wow, wir sind erst einmal beeindruckt. Sehr imposant, wie die Kirche da steht. Das Innere begeistert uns noch mehr. Die Kirche ist wunderschön und so neu. Als dann auch noch Gesang ertönt, ist das Gänsehautfeeling pur. Mich faszinieren auch die vielen Menschen darin und deren Verhalten. Ich kann mich nicht erinnern, je in einer orthodoxen Kirche gewesen zu sein. Madame und Monsieur haben es allerdings eher auf die vielen goldenen Mosaike und Mini-Shops, wo man diverse Kleinigkeiten kaufen kann, abgesehen. Tja, der Fokus liegt bei jedem woanders.
Ada Ciganlija.
Nach dem Besuch hier geht es für uns weiter. Wir wollen nach Ada Ciganlija fahren. Zum Strand der Belgrader. Natürlich auch dorthin wieder mit dem Bus. Allerdings gestaltet sich die Suche nach der richtigen Haltestelle ziemlich abenteuerlich. Denn was ich nicht bedacht habe: In der Nähe des Doms gibt es einige Bushaltestellen. Und dann noch die zu finden, von der aus wir in die richtige Richtung fahren können… Wie auch immer – einige Schritte später sitzen wir im richtigen Bus! Als wir schließlich ankommen, muss ich zugeben, dass wir etwas enttäuscht sind. Es handelt sich hierbei nämlich um nichts anderes als um einen künstlich angelegten riesigen Badesee. Ähnlich wie wir es von zu Hause kennen.
Wie auch immer – uns macht das nicht viel aus. Wir sind flexibel und statten stattdessen einfach der nächstgelegenen Shoppingmall einen Besuch ab. Shopping Malls gibts in Belgrad übrigens an jeder Ecke. So eine Dichte wie hier habe ich noch nie gesehen. Die Marken, die es hier zu kaufen gibt, könnten westlicher nicht sein. Ehrlich gesagt, hatte ich mir da mehr erhofft. Denn ich war im Vorfeld tatsächlich so naiv zu glauben, ich könnte hier Dinge finden, die es bei uns nicht gibt. Madame und Monsieur stört das nicht im Geringsten. Die durchstöbern super glücklich diverseste Spielzeuggeschäfte und würden am liebsten alles mit nach Hause nehmen.
Belgrade Waterfront.
Nachdem jedes Spielzeug ausgiebigst begutachtet wurde, zieht es uns wieder raus an die frische Luft. Wir beschließen, den Nachmittag noch etwas am Wasser zu verbringen und machen uns auf den Weg Richtung Belgrade Waterfront. Ein neuer Stadtteil direkt an der Save, der gerade im Entstehen ist und über die nächsten fünfzehn Jahre fertig gestellt sein soll.
Alles wirkt hier ein bisschen wie in einer amerikanischen Großstadt. Moderne Architektur, breite Gehwege und perfekt getrimmter Rasen. Sehr schön, aber fast eine Spur zu perfekt. Irgendwie fehlt hier das gewisse Etwas.
Skadarlija.
Also machen wir uns auf ins Künstlerviertel, das wir gestern – aus welchem Grund auch immer – nicht gefunden haben. Und was soll ich sagen? Wir sind begeistert. Das Viertel ist das totale Gegenteil vom eben Besuchten. Graffitis an den Wänden. Volle Lokale. Live-Musik an jeder Ecke und ausgelassene Stimmung. Hier spielt sich das Leben ab.
In uns wiederum ist nicht mehr so viel Leben enthalten. Nach Zweiundzwanzigtausend Schritten sind wir mehr als bereit für das Füßehochlagern im Hotel. Denn morgen heißt es früh raus. Der Rückflug wartet.
Wir haben in den zwei Tagen mehr Schritte gemacht und viel mehr gesehen als gedacht. Belgrad ist schön, hat viel Charme – keine Frage. Ob es uns noch einmal hierher zieht? Das werden wir sehen. Was aber sicher ist: Das wird mit Garantie nicht unser letztes Überraschungsabenteuer gewesen sein!
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