Urlaub für den Alltag

Es ist wieder einmal einer dieser Tage. Beziehungsweise Nächte. Beziehungsweise Tag nach ‚dieser‘ Nacht, wo es partout nicht rund laufen will…
Aber einmal von Anfang an: Es ist Abend. Der Herr und ich sitzen gemütlich auf der Couch. Schauen einen Film und philosophieren dabei über das Leben. Schön, denn das haben wir schon lange nicht mehr gemacht. Madame und Monsieur schlafen. Und das seelenruhig in ihren Betten. Alles wunderbar.
Bis zu dem Moment, in dem sich auch der Herr und ich uns zu Bett begeben wollen. Denn, ganz so als hätte der kleine Monsieur einen Sensor für solche Augenblicke, fängt er just in der Sekunde an zu raunzen, in der wir beide uns hingelegt und unsere Augen das erste Mal geschlossen haben. Tja, Timing kann er.
Also heißt es nochmal raus aus dem bereits vorgewärmten Bett und Schnuller stecken. Doch damit ist es diesmal nicht getan. Leider. Immer wieder wirft er sich in seinem Bett herum. Von links nach rechts. Von rechts nach links. Reißt sich dauernd seinen Schnuller aus dem Mund und will einfach nicht zur Ruhe kommen. Auch Fläschchen und Zahngel (vielleicht plagen ihn ja die Zähne?) verweigert er. Stattdessen schreit er sich immer weiter in Rage. Und wird dabei logischerweise lauter und lauter.
Und so geht das heute die liebe lange Nacht lang. Ich bin mit meinem Latein am Ende und kann nur noch auf gut Glück versuchen ihn irgendwie wieder zum Schlafen zu bringen. Denn sagen kann der kleine Monsieur ja leider noch nicht was ihm fehlt. Oder was er gerne hätte. Also heißt es raten und ausprobieren. So verbringen der Herr, Monsieur und ich unsere Nacht abwechselnd mit schaukeln, singen, tanzen und was uns noch so alles einzufallen vermag. Erstaunlich eigentlich, wie kreativ man zu so später Stunde noch sein kann. Phasenweise gelingt es uns so sogar etwas Schlaf zu finden. Genug sieht zwar anders aus, aber egal. Die einzige die in der Nacht genug Schlaf bekommt ist Madame. Immerhin einer von vier.
Tja und jetzt, am Morgen danach, sitze ich müde da und frage mich, was hier eigentlich so falsch läuft. Denn richtig kommt es mir gerade nicht wirklich vor. Ganz im Gegenteil sogar. Vor allem weil diese Nacht kein statistischer Ausreißer war, sondern eher den letzten Nächten entspricht. Es sei denn Monsieur hat auswärts geschlafen, da schläft er nämlich meistens wie ein Engerl. Zumindest wenn es danach geht, was wir so zu hören bekommen.
Ich sitze also da und denke so vor mich hin. Verfange mich in einem Gedanken, der mich nicht mehr los lässt: Warum ist das im Urlaub eigentlich immer so anders? Da gab es nämlich bis dato noch keine Nacht, in der Monsieur nicht gut geschlafen hätte. Zumindest keine, an die ich mich erinnern kann. Überhaupt: Im Urlaub schlafen wir alle besser. Nur woran liegts? Und wie kann man hier einen Zusammenhang mit dem Auswärtsschlafphänomen herstellen. Und überhaupt: Lässt sich das Geheimrezept dann (sofern ich es überhaupt herausfinde) auch in unseren Alltag integrieren?
Naja eigentlich liegt es auf der Hand. Haben wir doch im Urlaub viel mehr Zeit. Zeit für alles. Wir hetzen nicht von A nach B, um Dinge zu erledigen, sondern lassen uns treiben. Machen uns keine Pläne und haben so viel Zeit. Und weniger Stress. Sind gelassener. Was wiederum mehr Zeit bedeutet. Mehr Zeit für uns selbst. Mehr Zeit für die Kinder und deren Bedürfnisse. Heißt also soviel wie: Diesen Alltag, von dem man sich zu Hause stressen lässt, den gibt es im Urlaub nicht.
Dann hätten wir die Lösung ja schon mal gefunden: Urlaub ist das, was wir alle brauchen. Und zwar rund um die Uhr. Stellt sich also die Frage, wie sich dieses ‚Urlaubsgefühl‘ mit allem was dazu gehört in unseren Alltag integrieren lässt. Dauerurlaub ist leider nicht drinnen, denn irgendwoher muss ja auch das Geld dafür kommen. Und das kommt bei uns nur von Arbeit. Urlaub beziehungsweise das Reisen zum Beruf zu machen, das funktioniert da wohl schon eher.
Da es mir im Moment aber an Ideen fehlt, um das Dauerreisen inklusive Urlaubsgefühl zu verwirklichen, bleibt uns nur noch das: Täglich etwas Urlaub in unseren Alltag zu integrieren. Sich bewusst Dinge vor Augen führen und sich auch darüber zu freuen. Wie man es im Urlaub tut, wenn man ein süßes Haus an der Straßenecke entdeckt, oder ein Lokal, in dem man noch nie war. Und das wohl Wichtigste: Sich Zeit nehmen. Oder besser gesagt: Sich bewusst Zeit nehmen. Denn bei den vielen verschiedenen Aufgaben, die man so auf der Agenda hat, wird meist alles nur so halb erledigt, bevor man schon wieder das Nächste in Angriff nimmt.
Sich bewusst Zeit nehmen ist auch das, was wahrscheinlich das Auswärtsschlafphänomen erklärt. Denn die Omas und Opas freuen sich immer sehr auf die gemeinsame Zeit mit ihren Enkeln und gehen sehr bewusst auf Madame und Monsieur ein. Schenken ihnen die ganze Zeit, die sie zur Verfügung haben. Und das wird dann auch belohnt, indem sie ihnen so einiges zurückgeben oder gar nicht erst wegnehmen. Wie den Schlaf zum Beispiel.
Und genau dieses Sichbewusstzeitnehmen, die Gelassenheit und irgendwie auch das Gefühl vogelfrei zu sein, kurz gesagt dieses Urlaubsgefühl, ist es, was ich wieder mehr in meinen Alltag integrieren will. Tja, wie das genau geht weiß ich zwar selbst noch nicht, aber da das Leben ja eine Reise ins Ungewisse ist, ist wohl auch hier der Weg das Ziel.
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